Die Qual der Wahl
Schon gestern haben wir das kleine Örtchen Uvita am pazifischen Ozean unsicher gemacht, in dem sich auch unsere Unterkunft, die Ballena Oasis Lodge (mehr über unsere Unterkünfte findest du hier) befindet. Es handelt sich dabei um ein einfaches aber recht großes Ferienhaus mit einer absolut tollen Veranda, nicht weit vom Eingang zum Nationalpark Marino Ballena entfernt. Dieser Teil des Ortes, der direkt an den Playa Uvita grenzt ist an sich relativ ruhig und beschaulich, außer um kurz vor 9 Uhr. Zu dieser Zeit versammeln sich hier nämlich täglich all jene Touristen, die mit Whale Watching Anbietern hinaus aufs Meer fahren wollen, um die Buckelwale zu sehen.
Und wie es der Zufall so will spazierten wir genau zu dieser Tageszeit ahnungslos durch die Straßen. Wir waren die Einzigen, die noch keine dieser knallig orangen Schwimmwesten um den Hals trugen und wurden daher von diversen Tour-Anbietern belagert und von den besten Rabatten nahezu erschlagen. Wir ließen uns informierten, lehnt aber vorerst alle Angebote ab. Ich wollte mir zunächst noch Informationen über die Qualität der Touren einholen, bevor ich mich für einen oder auch keinen von ihnen entschied.
Da ich mich im Rahmen der Abschlussarbeit meines Biologie Studiums über ein Jahr auch mit der Thematik des Whale Watchings, sowie den Pro und Cons auseinander gesetzt habe und selber drei Monate Teil einer Whale Watching Crew war, sind meine Ansprüche dementsprechend hoch. Der respektvolle Umgang mit den Tieren bei Sichtungen hat für mich oberste Priorität, aber ich weiß auch, dass es als Tourist oft schwierig ist, die Qualität eines Touranbieters im Voraus einschätzen zu können. Im Bewusstsein, dass ich mit meinem Geld Organisationen / Firmen / Vereine und auch Vorgehensweisen und Verhalten unterstütze, versuche ich immer zuerst möglichst viele Informationen aus unterschiedlichen Quellen einzuholen. So kann ich mir ein ungefähres Bild darüber machen, was für eine Art von Walbeobachtung vor Ort angeboten wird.
Tierwelt in Costa Rica
Die Beobachtung von Walen und Delphinen in ihrem natürlichen Lebensraum ist ein Erlebnis sondergleichen. Aber auch hier ist nicht alles Gold was glänzt. Auf was du bei einem Tourenanbieter achten solltest, erkläre ich dir hier.
Heute morgen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es hier in Uvita keine großen Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern gibt. Alle fahren mit mehr oder wenigen kleinen Booten hinaus, haben starke, laute Motoren und geben keine Sichtungsgarantien, verdeutlichen aber, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Buckelwale mit ihren Kälbern angetroffen werden können. Sie alle scheinen einen ausgebildeten Guide an Bord zu haben, der über die Meeressäuger und das Schutzgebiet Auskunft gibt. Wie nahe sie an die Tiere heranfahren und ob sich diese bedrängt oder gestört fühlen, konnte ich mit meinen gestrigen Recherchen nicht eruieren. Daher haben wir jetzt bei einem „Desayuno Típico“ in dem kleinen Que Tuanis Café beschlossen, heute entweder mit Bahia Aventuras oder mit Ballena Aventura hinaus aufs Meer zu fahren. Beide erklären, dass sie sich an den „Code of Conduct“ halten, der strenge Verhaltensregeln für Bootsführer und Walbeobachter bei Sichtungen vorgibt.
An Bord - auf der Suche nach den Walen
Um kurz vor 9 Uhr, nach dem wir den Papierkram mit Ballena Aventura erledigt haben, erhalten wir eine kurze Einweisung in den Ablauf der rund 4-stündigen Tour und nehmen diese knallige Rettungsweste in Empfang. Dann folgen wir unserem Guide, der die Gruppe von 15 Personen auf einen kleinen Seitenpfad zum Strand führt. Am Wegesrand zeigt er uns bereits das erste Highlight, mit dem ich bei dieser Tour überhaupt nicht gerechnet habe. Ein Fellknäuel das in einem Baum über unseren Köpfen schläft – ein kleines Faultier, das sich hier schon seit längerer Zeit angesiedelt hat.
Weiter geht’s an den weitläufigen Strand, wo unser Boot bereits im seichten Wasser schaukelt und auf uns wartet. Wir waten durch das knietiefe Nass hinaus, suchen uns einen Sitzplatz an Bord und schon geht es los. Nach einer kurzen Einführung in die Verhaltensregeln an Bord umfahren wir die walflossenartige Landformation des Punta Uvita Tómbolo. Auf der Suche nach den Meeressäugern steuert der Kapitän zunächst in Richtung Norden. Das Meer ist relativ ruhig und die Aussicht auf die Küstenlinie Costa Ricas mit den über den Bergspitzen hängenden Wolken ist atemberaubend.
Ich fühle mich zurückversetzt ins Jahr 2003, indem ich für meine Forschungsarbeit drei Monate nahezu täglich Whale Watching Touren in La Gomera (Kanarische Inseln) begleitete. Die selbe Hoffnung auf eine Sichtung, während der Blick unablässig über die Meeresoberfläche gleitet, auf der Suche nach einer Rückenflosse oder einer Blaswolke. Doch der Rest ist völlig unterschiedlich zu damals. In La Gomera waren wir immer mit langsamen ehemaligen Fischerbooten unterwegs, auf denen ich mich frei bewegen und mein Gleichgewicht dem Rhythmus des Meeres anpassen konnte. Heute auf diesem speziell für Touristenbeförderung ausgebauten, schnellen Motorboot fällt es mir schwer, auf meinem Sitz zu verweilen und das Ausschau halten der Crew zu überlassen, welche per Handy mit den anderen Booten Kontakt hält und Informationen über Sichtungen austauscht.
Eine Stunde lang sind wir unterwegs, sehen verschiedene Arten von Vögeln, mitunter einen Pelikan, bevor uns die Nachricht erreicht, dass weiter im Süden eine Buckelwal-Kuh mit einem Kalb gesichtet wurde. Nun gibt der Kapitän so richtig Gas. Innerhalb der nächsten 10 Minuten fliegen wir förmlich über das Meer und erst als drei weitere Boot in Sicht kommen, wird die Geschwindigkeit wieder gedrosselt. Wir reihen uns in die Formation der anderen Tourenboote ein, die alle langsam in eine bestimmte Richtung dümpeln. So warten wir gespannt darauf, was nun passieren wird.
Diese Regionen habe ich in
COSTA RICA bereist:
Alle wichtigen Infos zu den Schutzgebieten in Costa Rica findest du hier.
Du willst mehr über die Tiere in Costa Rica erfahren, dann schau mal hier vorbei.
Vulkane, Strände, Wasser-fälle – spektakuläre Einblicke in die Natur Costa Ricas gibt es hier.
Ich bin Iris, Gründerin von Travel to Find. Hier dreht sich alles um das Unterwegs-Sein. Um Reisen voller unvergesslicher Momente, die man nicht suchen muss, sondern einfach findet. Und um das Leben selbst, das uns zustößt, während wir uns etwas völlig anderes vorgenommen haben.
Buckelwale mit Nachwuchs
Und wirklich – nach wenigen Minuten tauchen in einiger Entfernung nebeneinander eine große und eine kleinere Rückenfinne aus dem Wasser auf! Die Boote versuchen auf die Höhe der Wale aufzuschließen, zwei links, zwei rechts, aber bevor wir auch nur näher kommen, sind sie schon wieder abgetaucht. So fahren wir einige Zeit parallel zur Küste und erhaschen mal näher, mal weiter entfernt kurze Blicke auf die Meeressäuger, die zum Luft holen an die Oberfläche kommen. Doch dann ändert sich die Situation. Direkt neben unserem Boot wird eine Blaswolke sichtbar und beim Geräusch der Ausatmung bekomme ich eine Gänsehaut. Ein zweites Buckelwal-Weibchen taucht neben uns auf und gleich darauf auch ihr noch sehr kleines Kalb. Das ist wieder einer dieser gewaltigen Glücksmomente, den ich mein Leben lang nicht mehr vergessen werde. Was für ein Gefühl, diesen sanften Riesen so nahe zu sein und sie mit allen Sinnen zu erleben! 🤩🤩🤩
Drei, vier Mal tauchen sie mehr oder weniger gleichzeitig auf, um danach wieder für einige Minuten unter der Wasseroberfläche zu verschwinden. Irgendwie hat es sich so ergeben, dass nur unser Boot dieser Walkuh folgt und so haben wir die Chance sie in Ruhe beobachten zu können. Der Guide erzählt uns in der Wartezeit zwischen dem Auftauchen vieles über die weite Wanderung der Buckelwale, über ihre Paarungsrituale und wie die Weibchen die bis zu vier Meter großen Jungen hier in diesen warmen Gewässern vor Costa Rica zur Welt bringen.
Nach einiger Zeit ändern die Wale nach dem Abtauchen unter Wasser ständig ihre Richtung. Für meinen Geschmack folgt unser Kapitän den Tieren zu lange, obwohl sie durch die Richtungsänderungen deutlich signalisieren, dass sie uns nun wieder los werden möchten. Für einen erwachsenen Buckelwal wäre es ein Kinderspiel gewesen, uns abzuhängen. Sie können bis zu 30 Minuten unter Wasser verweilen und in dieser Zeit viel Abstand zwischen sich und ein Boot bringen. Aber mit einem so jungen Kalb, wie diesem hier, ist die Mutter gezwungen alle paar Minuten aufzutauchen, um dem Jungen die Möglichkeit zum Atmen zu geben. Darum hätte ich mir von der Ballena Aventura Crew hier etwas mehr Feingefühl gewünscht und ein frühzeitigeres Abdrehen wäre angebracht gewesen. Im Großen und Ganzen war aber das Verhalten während der Sichtungen eine gute Mischung aus Respekt vor den Meeressäugern und unvergesslichen Momenten für uns Touristen.
Tierwelt in Costa Rica
Du möchtest mehr über Buckelwale wissen und warum die Gewässer vor der Küste Costa Ricas ideal sind, um sie anzutreffen? Warum sie tausende Kilometer wandern, unter Wasser Lieder singen und mit Luftblasen jagen? Dann hier entlang.
Das Meeresschutzgebiet bietet noch viel mehr
Unser nächstes Ziel ist die kleine vorgelagerte Felsinsel Isla Ballena, an der zu anderen Jahreszeiten ein Bade- und Schnorchelstopp eingelegt wird. Denn hier führt nämlich das größte Korallenriff entlang, das es an der pazifischen Mittelmeerküste gibt. In der Regenzeit ist das Meer oft zu unruhig und die Sicht auch zu schlecht, als dass ein Abtauchen in die Unterwasserwelt des Nationalparks sinnvoll wäre. So begnügen auch wir uns heute damit, die Insel mit ihren grünen Flanken bei einer Umrundung vom Boot aus zu bestaunen. Laut unserem Guide ist sie in der Trockenzeit bis auf die zwei Palmen völlig braun und wirkt eher unwirtlich. Das ist heute kaum vorstellbar. Eine große Anzahl unterschiedlicher Vogelarten kreist über der dicht bewachsenen Insel. Dazu gehören etwa Fregattvögel, Ibisse oder Pelikane. Die meisten von ihnen finden ihre Nistplätze auf der kleinen Isla Ballena.
Nach diesem beeindruckenden Erlebnis, gibt es zunächst einmal eine kleine Stärkung in Form von Früchten. Was mich dabei beeindruckt, ist, dass sich das kleingeschnitten Obst nicht in den uns bekannten Einweg Plastik Verpackungen befindet, sondern in kleinen Vorratsdöschen, deren täglicher Wiedergebrauch zu erkennen ist. Ich frage mich wie viele Mengen an Plastik mit dieser kleinen Maßnahme dadurch in einem Jahr eingespart werden können. Während wir essen, fährt der Kapitän weiter durch das Meeresschutzgebiet und unser Guide erzählt uns viele Details dazu. Unglaublich, dass wir auf dieser riesigen Wasserfläche auch noch auf eine kleine Meeresschildkröte treffen, die den Kopf aus dem Wasser streckt und uns neugierig betrachtet, bevor sie wieder in dem tiefen Blau verschwindet.
Schutzgebiete in Costa Rica
Ein mariner Nationalpark der nicht nur das größte Korallenriff entlang der mittelamerikanischen Pazifikküste beherbergt, sondern auch einen idealen Anlaufpunkt für Buckelwal Beobachtungen darstellt, die sich vor der Küste paaren und ihre Jungtiere zur Welt bringen. Hier findest du alle wichtigen Infos darüber.
Auf der Rückfahrt zu unserem Ausgangspunkt am Playa Uvita können wir die Küste bestaunen und all die Eindrücke Revue passieren lassen. Obwohl ich schon so viele Whale Watching Touren begleitet und miterlebt habe, war auch diese wieder ein einzigartiges und unvergessliches Erlebnis. Die Ehrfurcht und Faszination für die riesigen Meeressäugetiere hat mich erneut in ihren Bann gezogen. Aber gleichzeitig stimmt es mich nachdenklich und traurig, dass wir Menschen ihren Lebensraum und damit ihre Lebensgrundlage weiterhin zerstören und ausbeuten. Was kann ich persönlich dagegen unternehmen? Sind Whale Watching Touren ein geeignetes Mittel um den Menschen die Bedrohung dieser wunderbaren Lebewesen zu verdeutlichen und sie für ihren Schutz zu gewinnen? Oder ist es nur eine weiter Sensation, die man ihnen im Urlaub anbieten kann? All diese Gedanken geistern mir durch den Kopf, während der Fahrtwind um meine Ohren pfeift und das Ende der Tour näher rückt.
Ein Traumstrand für uns alleine
Nach über vier Stunden auf dem Meer, bedanken wir uns bei der Crew und gehen am Playa Uvita von Bord. Der Strand hat sich seit den Morgenstunden stark verändert. Das Wasser hat sich weit zurückgezogen und die zurückgebliebene Sandfläche erscheint uns riesig, als wir sie auf dem Weg zu den schattenspendenden Palmen queren. Da im Tourenpreis auch das Eintrittsticket für den gesamten Nationalpark enthalten ist, können wir uns den Rest des Tages an der Küste aufhalten, die zum Schutzgebiet gehört. So entschließen wir uns, gleich hier vor Ort die Umgebung zu erkunden. Wir wollen zu der Punta Uvita Tómbolo, die Landspitze, die bei Ebbe über eine Sandbrücke zu Fuß erreichbar ist und aus der Luft betrachtet diese markante Walflosse ausbildet. Dazu queren wir einen kleinen wadentiefen Flusslauf, der sich durch den Sand schlängelt und vom Meer weiter draußen verschluckt wird. Wir schenken im keine besondere Beachtung, die restliche Umgebung ist einfach viel zu beeindruckend. Palmen, soweit das Auge reicht, dahinter die wolkenverhangenen Berge. Im Vordergrund die weite Sandfläche, die wie ein Spiegel vor unseren Füßen liegt, wo die Meeresbrandung das Wasser herangespült hat. Und das Allerbeste: es sind kaum andere Menschen zu sehen.
Ich finde in meinem Kopf nur einen Gedanken: „Das muss das Paradies auf Erden sein!“. Je weiter wir wandern, umso mehr bestätigt sich mein Eindruck, dass dies hier für mich der Inbegriff eines Traumstrandes ist. Seine nahezu unberührte Wildheit und natürliche Schönheit spiegelt sich nicht nur in den angeschwemmten Holzstämmen und Wurzeltellern wieder, sondern auch in der Tierwelt, die sich hier beobachten lässt. Bei nahezu jedem Schritt flitzen kleine Krebse vor uns her, die in ihren Löchern verschwinden. Wasservögel laufen im Rhythmus der Wellen vor und zurück, Einsiedlerkrebse schleppen ihre Behausungen über den feinen Sand und Leguane in allen Größenordnungen nehmen ein Sonnenbad und verfolgen unseren Weg mit aufmerksamen Blicken. Im Wald hinter den Palmen hören wir die Zikaden, die selbst die Meeresbrandung übertönen und ein Eichhörnchen springt neugierig von Palmwedel zu Palmwedel.
Wir suchen uns einen schattigen Platz unter den Bäumen an dem weitläufigen Strand nördlich der Landspitze und ich kann es kaum erwarten, mich in die Fluten zu stürzen. Der Weg ins Meer ist lang und die erhoffte Abkühlung bleibt aus. Ich würde schätzen, dass das Wasser etwa 25°C hat und schwimmen ist hier und heute nicht möglich. Harry und ich haben trotzdem jede Menge Spaß, denn obwohl das Wasser relativ seicht ist, reißen uns die großen Wellen regelmäßig von den Füßen. Irgendwann habe selbst ich genug Salzwasser geschluckt, aber anstatt auf meinem Strandtuch zu relaxen, wie ich es ursprünglich geplant hatte, spaziere ich lieber den endlos langen Strand entlang und stelle fest, dass wir hier inmitten der Natur völlig alleine sind. Lost in Paradise! Wie genial! 🤩
Die Tücken der Gezeiten
Nahezu minütlich verschluckt das Wasser mehr und mehr von der Sandfläche und rückt näher an den Waldrand heran. Erst nachdem meine Flip Flops zweimal beinahe von der Flut davongeschwemmt werden, entschließen wir uns zum Aufbruch. Es ist unheimlich und beeindruckend zugleich, wie sehr die Gezeiten das Landschaftsbild verändern. An der Landspitze ist die Sandbank nicht mehr zu erkennen und wir staunen nicht schlecht, als wir erkennen, dass die riesige Sandfläche am Playa Uvita in den wenigen Stunden vollständig vom Meer verschluckt wurde. Wir folgen dem schmalen Strandstreifen müssen aber bald erkennen, dass zwischen uns und dem Ausgang des Nationalparks der Fluss liegt, den wir nach der Whale Watching Tour so sorglos durchwaten konnten. Bei dem derzeitigen Wasserstand müssten wir hier wohl durchschwimmen. Da dies mit Rucksack aber keine Option darstellt, versuchen wir einen anderen Weg zu finden.
Ein Schild eines Wanderwegs in den Wald ist uns zuvor schon aufgefallen und wir versuchen unser Glück. Zu Beginn teilen wir uns den Pfad mit tausenden Blattschneiderameisen, deren grüne Straße quer durch einen Wald voller Kokospalmen führt. Rasch müssen wir feststellen, dass der Weg aber parallel zum Strand verläuft und wieder in die Richtung zurückführt, aus der wir gekommen sind. In der Hoffnung eine Abzweigung in Richtung Uvita zu finden gehen wir dennoch weiter und gelangen in eine völlig eigenartige Welt.
Linker Hand eröffnet sich zwischen den Bäumen immer wieder mal der Blick auf das tosende Meer, das nun ganz bis an die Palmen heranreicht. Rechter Hand erstreckt sich ein Mangrovenwald mit dem dichten Gewirr aus Stelzwurzeln. Das Wissen, dass Mangrovenbäume nur im Gezeitenbereich vorkommen und die Tatsache, dass wir keinen Weg in Richtung Zivilisation finden können und der Wasserstand weiter steigt, macht mich doch etwas nervös.
Nach 40 Minuten Gehzeit beschließen wir wieder umzukehren und gehen zur Punta Uvita zurück. Bis jetzt haben wir keine Menschenseele getroffen, doch hier an der Landspitze tauchen plötzlich drei lustige junge Männer auf, die uns erzählen, dass sie den Fluss durchschwommen haben, um hier den Sonnenuntergang zu feiern. Ihre ausgelassene Art vertreibt meine Sorgen nicht zur Gänze, aber ich werde mir der wunderschönen Umgebung wieder bewusst.
Hier haben wir Internetempfang und können uns die Gezeitentabelle für Uvita ansehen. Immerhin liegt der Höchststand der Flut bereits hinter uns, aber eben noch nicht sehr lange und es wird noch dauern, bis der Meeresspiegel deutlich sinkt. Das Problem an der ganzen Geschichte ist, dass es bereits 16:30 ist und wir wissen, dass es um 18 Uhr stock dunkel sein wird. Wir beschließen, so lange wie möglich mit der Flussquerung zu warten, in der Hoffnung dann mit den Rucksäcken durchwaten zu können. Die Sonne senkt sich langsam über dem Meer und die Abendstimmung raubt mir fast den Atem. Das sich zurückziehende Meer hinterlässt einen nassen Sandstreifen, der wie ein Spiegel die unglaublichen Farben des Himmels reflektiert. Ich fühle mich, als wäre ich in ein Landschaftsgemälde hineingeworfen worden.
Kurz bevor die Sonne hinter dem Horizont verschwindet, brechen wir auf und gehen zur Flussmündung. Der Wasserstand ist zurückgegangen, aber es lässt sich nicht abschätzen, wie tief es noch immer ist. Mit dem Rucksack über seinem Kopf watet Harry als Erster los. An der tiefsten Stelle geht ihm das Wasser bis zur Brust und so wage auch ich mich an die Querung. Trotzdem schießen mir Gedanken und Bilder durch den Kopf, die mir eine Heidenangst einjagen. Krokodile als Jäger an Flussmündungen in der Dämmerung. Mehr brauch ich wohl nicht dazu sagen… 🫣… Ich bin dankbar, dass wir beide das andere Ufer ohne Zwischenfälle erreicht haben, aber nervlich bin ich völlig am Ende. Wenige Minuten später bricht auch noch ein heftiger Regenschauer über uns herein und von einer Minute auf die andere senkt sich völlige Dunkelheit über uns. Gerade noch rechtzeitig entdecken wir den Pfad, der uns zum Ausgang des Nationalparks führt. Wir haben Mühe in der Finsternis nicht vom Weg abzukommen. Als das Licht der ersten Laternen sichtbar wird, fällt mir ein Stein vom Herzen.
Noch lange Zeit, nachdem ich geduscht und wieder trocken auf unserer regengeschützten kleinen Veranda sitze, schwirrt die Frage in meinem Kopf herum, wie uns der Fehler unterlaufen konnte, die Gezeiten und ihre Auswirkungen auf die Landschaft so sehr zu unterschätzen? Wie kann es sein, dass ich, die ich mich doch als äußerst naturverbunden fühle, die Kraft der Natur heute völlig aus den Augen verloren habe? 🤔 Kann es sein, dass wir Menschen die Umwelt so sehr an unsere Bedürfnisse anpassen und sie uns „gefügig“ machen, dass wir dadurch verlernen was es heißt mit der Natur und all ihren Gewalten zu leben? Dass wir das Verständnis für das Natürliche verlieren und den achtsamen Umgang damit verlernen? Egal wie, ich habe heute wieder mal gelernt, wie klein meine Rolle in diesem ganzen großen Gefüge ist und meine Achtung vor der Natur und all ihren Lebewesen ist enorm gewachsen.
Und so geht es weiter
Obwohl wir in den regenreichsten Monaten unterwegs sind, können wir es nicht lassen, die Anreise zur Drake Bay mit unserem Mietwagen zu unternehmen. Wie die Fahrt verlaufen ist und was uns auf der abgelegenen Osa-Halbinsel erwartet, das erfährst du hier.