Ich verstehe nur "spanisch"
“Warum kann man das nicht einfach so aussprechen, wie man es schreibt?” Französisch, eine Sprache, die ich in der Schule vier Jahre lernen musste, nie mochte und sofort nach der letzten Prüfung rigoros aus meinem Hirn verbannt habe. Jetzt so viele Jahre (eigentlich Jahrzehnte! *omg*) später, wünschte ich mir, dass ich so manche Grundlagen von Zeit zu Zeit aufgefrischt hätte. Dann könnte ich die zwei netten Damen die über einem Gartenzaun hinweg miteinander plaudern, nach dem Weg fragen. Immerhin fahren wir schon zum dritten Mal an ihnen vorbei. Die unausprechbaren Vokabeln, die ich dem Google Übersetzer entlocke, werden uns auch nicht ans Ziel bringen, da wir ja die Antwort nicht verstehen. So nicken wir den Zweien erneut freundlich aus unserem Van zu und probieren eine andere Abzweigung. Unglaublich, wie viele Wege durch den kleinen Ort Niederbonn-les-Bains mitten in Elsass führen, wenn man sich auf die Suche nach dem Klettergarten begibt, der sich gleich um die Ecke befinden soll.
Storchgeklappere vorm Schlafzimmer
Gestern war Anreisetag. Man mag über Google denken was man möchte, aber es hat uns einwandfrei von Österreich aus quer durch Deutschland navigiert und uns einen acht Kilometer langen Stau und zirka drei Stunden Verzögerung aufgrund einer Autobahnsperre nähe Stuttgart erspart. So konnten wir also unser erstes Nachtlager 20 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt an einem kostenlosen Wohnmobilparkplatz in der kleinen Gemeinde Betschdorf aufschlagen. Die Ortschaft hat sich bereits im 18. Jahrhundert durch die einheimische Töpferei eine Namen gemacht und das blau-graue salzglasierte Geschirr wird auch heute noch in fünf Betrieben zum Verkauf angeboten. Was wir nicht wussten: die Gegend scheint ein beliebtes Brutgebiet für das Wahrzeichen des Elsass zu sein, dem Weißstorch. Hier nisten die Störche wirklich überall – in den Baumwipfeln um unseren Schlafplatz herum, auf Straßenlaternen und natürlich auf den umliegenden Häuserdächern und Schornsteinen. Kaum zu glauben, dass der Storch in den 70er Jahren in dieser Region fast ausgestorben war.
Heute Morgen wachten wir also mit dem Storchgeklappere auf und konnten die schönen Tier aus unmittelbarer Nähe beobachten. Der erste Übernachtungsplatz, den wir (wie so viele weitere) über die App „park4night“ gefunden haben, war also schon mal ein voller Erfolg.
Verfallene Burgruinen
Nach dem Frühstück ging es dann aber auch schon wieder los und wir verließen die Störchen die mit Balz und Nestbau ohnehin stark beschäftigt waren. Um den Kreislauf nach der gestrigen langen Autofahrt wieder etwas in Schwung zu bringen, sollte heute sportliche Aktivität auf dem Programm stehen. Und hier sind wir nun. Noch immer im Auto sitzend, umkreisen wir einen Ort, auf der Suche nach dem Klettergarten Heidenkopf, den wir uns für heute ausgewählt haben. Auch wenn wir ihn schlussendlich finden, die Kletterschuhe verbleiben im Rucksack, denn eine Schulklasse belegt alle leichten Routen des kleinen Spots. So legen wir stattdessen die Wanderschuhe an, um uns zumindest die Beine vertreten zu können. Hier im Naturpark „Vosges du Nord“ gibt es eine Vielzahl an Ruinen, die man auf eigene Faust erkunden kann. Wir entscheiden uns für eine kleine Rundwanderung, die uns zu zwei verfallenen Burgen führen soll. Zuerst erklimmen wir die auf 380 Metern Höhe gelegene Ruine der Felsenburg Schöneck, die als die besterhaltene Burgruine der Nordvogesen gilt. Das Areal ist jederzeit frei zugänglich & vom oberen Teil hat man einen weiten Blick ins Winecker Tal und zu unserem 2. Ziel die Ruine Wineck. In gut 30 min Gehzeit erreichen wir auch dieses Château von deren Unterburg lediglich wenige Mauerreste vorhanden sind. Die Oberburg mit den Resten des Turmes sind nur mit Kletterzeug erreichbar. Laut einer Informationstafel ist das Burgareal für den Klettersport freigegeben, wobei jedoch einige Sicherungen entfernt wurden, aus Rücksicht auf die archäologischen Relikte. Welch Ironie, dass wir jetzt nur fürs Wandern ausgerüstet sind. So begnügen wir uns mit dem Anblick vom Waldboden aus und bestaunen die roten Sandsteinfelsen rundherum, bevor wir uns auf den Rückweg begeben.
Das nächste Ziel bereits in unseren Köpfen, kommen wir auf der Weiterfahrt am Wolfartshoffener See vorbei, der zu einem weiteren Spaziergang einlädt. Der zirka drei Kilometer lange Uferrundweg führt an einer Beobachtungsstation vorbei, die uns kurz vor Sonnenuntergang ermöglicht einem Graureiher bei der Fischjagd zuzusehen und kanadische Wildgänse vor die Linse zu bekommen. Und wir entdecken einen abgelegenen Parkplatz, wo wir eine ruhige Nacht inmitten der Natur verbringen.
Hier geht es zu all unseren Highlights aus den zwei Regionen Grand Est und Hauts-de-France, mit vielen Details und Infos für deine eigene Reiseplanung.
Ich bin Iris, Gründerin von Travel to Find. Hier dreht sich alles um das Unterwegs-Sein. Um Reisen voller unvergesslicher Momente, die man nicht suchen muss, sondern einfach findet. Und um das Leben selbst, das uns zustößt, während wir uns etwas völlig anderes vorgenommen haben.
Die Stadt in der man Englisch spricht
Bevor wir am nächsten Tag gen Westen aufbrechen, besuchen wir noch die kleine Stadt Saverne mit seinem beeindruckenden Schloss und der idyllischen Altstadt. Hier versuche ich mich erstmals an der französischen Sprache. Bis dato waren „Bon jour“ und „Merci“ die einzigen Worte, die über meine Lippen kamen. Heute soll es eine Bestellung in der Boulangerie werden. Und ich scheitere kläglich an einem Schinken-Käse-Baguette. „Un baguette avec…“ ja was war das noch mal gleich… Die Bedienung hintere dem Tresen lächelt nur und beginnt sofort Englisch mit uns zu sprechen… So viel zu den Vorurteilen! Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten – diese nette Dame sollte eine der wenigen Ausnahmen darstellen. Englisch wird zwar größtenteils verstanden, aber einfach nicht gerne gesprochen. Trotzdem, an Freundlichkeit mangelte es nie und heutzutage kann ja auf eine Menge technischer Hilfsmittel zurückgegriffen werden. Übersetzer App an – Frage reinsprechen – abspielen – Antwort in der anderen Sprache reinsprechen – abspielen – verstanden. 😉
Felshöhle de Lux
Obwohl es mich schon sehr stark Richtung Westküste zieht (ich kann es kaum noch erwarten, die Robben am Ärmelkanal zu sehen), legen wir noch einen kurzen Zwischenstopp bei den Felsenwohnungen in Graufthal ein. Wenn du nicht so ungeduldig bist wie ich, dann solltest du dir die Häuser mit der hübschen blauen Fassade unbedingt auch von Innen ansehen. Im Nachhinein gesehen bin ich etwas wehmütig, dass ich Harry so sehr zur Weiterfahrt gedrängt habe. Aber meine Gedanken kreisten eben nur mehr um das lang ersehnte Meer.
Dennoch vermeiden wir auf unserem Weg in den Westen die mautpflichtigen Autobahnen und fahren lieber etwas gemütlicher auf gut ausgebauten Landstraßen. Der große Vorteil dabei: zwei mal abbiegen und man steht auf einer Schotterstraße mitten im satten Gelb der vielen blühenden Rapsfelder und kann den sich drehenden Windräder zuhören, die majestätischen in den Himmel ragen. Genau der richtige Ort für eine kleine Pause.
Am Ende des Tages haben wir rund 400 Kilometer zurückgelegt und stellen unseren Van am Kanal der Aisne auf einem kleinen Wohnmobilstellplatz direkt am Ufer ab. An diesem Abend freue ich mich wie ein kleines Kind an Weihnachten auf den morgigen Tag. Nur noch einmal Schlafen und ich werde hoffentlich Robben in freier Wildbahn erleben.
Dort wo Ochsen auf dem Kirchturm stehen
Am nächsten Tag liegt noch ein Halt zwischen uns und dem Meer. Wir sehen schon von Weitem das Plateau auf dem die Stadt Laon mit seiner beeindruckenden Kathedrale thront. Das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen und verbringen den Vormittag damit, die vielen Gassen hinter der Stadtmauer zu erkunden und das Gotteshaus von außen und innen zu bestaunen. Besonders spannend finde ich, dass zwischen den Säulen der fragil wirkenden Türme 16 Ochsenfiguren hervorlugen. Viele schlaue Leute haben sich über deren Bedeutung den Kopf zerbrochen, aber anscheinend konnte keine Erklärung dafür gefunden werden.
Nach dieser kleinen Stadttour beginnen die letzten 200 Kilometer Fahrt nach Berck-sur-Mer. Der Ort, der seit der Entscheidung einen Roadtrip durch Frankreich zu unternehmen, als absoluter Fixpunkt fest stand. In einem Blogbeitrag habe ich gelesen, dass man dort Robben auf Sandbänken beobachten kann und ich war sofort Feuer und Flamme. Es bedurfte nur wenig Überredungskunst auch Harry von diesem Ziel als Startpunkt unserer Westküstentour zu überzeugen.
Und so geht es weiter
Wie durch Zufälle die schönsten Erlebnisse entstehen. Der zweite Teil unseres Roadtrips durch Frankreich.